Was bedeutet Hochbegabung?
Von Hochbegabung spricht man, wenn eine Person über besonders ausgeprägte kognitive Fähigkeiten verfügt – häufig definiert durch einen Intelligenzquotienten (IQ) von 130 oder höher. Statistisch betrifft das nur etwa zwei Prozent der Bevölkerung. Doch Begabung ist mehr als Zahlen: Kreativität, Problemlösungsfähigkeit, ein starkes Gedächtnis und ein unstillbarer Wissensdrang sind typische Anzeichen. Hochbegabte Menschen können in bestimmten Fächern „ihrer Zeit voraus“ sein, während sie in anderen Bereichen altersgerecht oder sogar weniger entwickelt wirken – ein Phänomen, das als asynchrone Entwicklung bezeichnet wird.
Herausforderungen und Bedürfnisse
Hochbegabung bringt nicht nur Vorteile. Viele Kinder langweilen sich im Unterricht, werden als „Träumer“ wahrgenommen oder geraten unter Leistungsdruck. Ohne passende Förderung können sie unterfordern, ihre Fähigkeiten verbergen oder soziale Schwierigkeiten entwickeln. Sensibilität, hohe Erwartungen an sich selbst und das Bedürfnis nach Gleichgesinnten sind häufige Begleiterscheinungen.
- Unterforderung vermeiden: Zusatzaufgaben, Projektarbeiten oder der Besuch von Kursen außerhalb der Schule regen zum Denken an.
- Emotionale Begleitung: Begabte Kinder brauchen den Raum, über ihre Gefühle zu sprechen und Strategien zur Stressbewältigung zu lernen.
- Peer-Kontakt: Der Austausch mit anderen begabten Kindern – etwa in Begabten-AGs oder Vereinen – fördert soziale Entwicklung und Zugehörigkeit.
- Breites Angebot: Ermögliche Hobbys in Kunst, Musik oder Sport, um vielseitige Interessen zu fördern und Ausgleich zu schaffen.
Tipps zur Förderung
Eltern, Lehrer:innen und Betroffene können viel tun, um Hochbegabung konstruktiv zu begleiten:
- Offen bleiben: Hör zu, was das Kind interessiert, und unterstütze eigene Projekte – vom Bau eines Roboters bis zur Erforschung der Sterne.
- Selbstständigkeit fördern: Begabte Kinder profitieren von der Freiheit, Entscheidungen zu treffen und aus Fehlern zu lernen.
- Fachberatung nutzen: Beratungsstellen wie die DGhK helfen bei der Identifikation von Hochbegabung und vermitteln Ansprechpersonen.
- Entspannung integrieren: Meditation, Sport und Zeit mit Freund:innen verhindern Überlastung und fördern das Wohlbefinden.
Diagnostik & Rechte
Eine Hochbegabung wird in der Regel durch einen psychologischen Test festgestellt, der von Diplom‑Psycholog:innen oder speziellen Beratungsstellen durchgeführt wird. Gängige Tests sind der Wechsler Intelligence Scale for Children (WISC) oder der Hochbegabtentest KFT. Die Kosten werden teilweise von Schulen oder Schulämtern übernommen. Ein schriftliches Gutachten hilft bei der weiteren Förderung.
In Deutschland haben hochbegabte Kinder das Recht auf eine angemessene Förderung. Dazu gehören Enrichment‑Programme (Zusatzangebote im Unterricht), Akzeleration (das Überspringen von Klassen) und Beratung durch Schulpsycholog:innen. Eltern können beim Schulamt entsprechende Maßnahmen beantragen. Unterstützung bieten zudem die Begabtenförderwerke der Länder und Stiftungen wie die Karg‑Stiftung.
Früherkennung & Besonderheiten
Erste Hinweise auf Hochbegabung zeigen sich oft früh: Ein überdurchschnittlicher Wortschatz, schnelles Lernen, lebhafte Fantasie oder ein hohes Bedürfnis nach Genauigkeit können Anzeichen sein. Hochbegabte Kinder stellen tiefgründige Fragen, lesen früh oder interessieren sich für komplexe Themen wie Astronomie oder Politik.
Gleichzeitig erleben viele eine asynchrone Entwicklung: Emotional sind sie ihrem Alter entsprechend, kognitiv weit voraus. Das kann zu Frustration, Perfektionismus oder Schwierigkeiten im Kontakt mit Gleichaltrigen führen. Hochbegabung ist daher nicht automatisch ein Selbstläufer, sondern erfordert Sensibilität und passende Angebote.
Quellen und weitere Informationen
- Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) – bietet Beratung, Elternnetzwerke und Veranstaltungen.
- Mensa in Deutschland e. V. – Netzwerk für hochbegabte Erwachsene und Jugendliche.
- Buch: Hochbegabt – Wie ich meine Stärken fand – persönliche Geschichten von hochbegabten Menschen.